Steine am Strand
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Herz und Klima – Ist ein warmer Sommer ungesund?

Aber was heißt eigentlich gutes Wetter? Gut für wen? Ist Sommerwetter für Herzpatienten gut?
Man hört immer wieder über erhöhte Raten von Todesfällen im Rahmen von sommerlichen Hitzewellen. Gerade ältere Frauen sollen betroffen sein.

Tatsächlich können heiße Sommertage für Menschen mit Herzproblemen eine große Herausforderung sein. Sie berichten im Sommer häufig über vermehrte Müdigkeit, Erschöpfung und Konzentrationsstörungen bis hin zu Muskelkrämpfen oder Herzrhythmusstörungen.
Physiologisch (biologisch) wirkt sich die Außentemperatur recht erheblich auf unsere Kreislaufparameter aus. Herzfrequenz, Blutdruck, Herzminutenvolumen und Blutmenge ändern sich bei steigenden Temperaturen, vor allem natürlich wenn wir noch dazu Sport treiben oder stark schwitzen.

Herzfrequenz und Wärme
Zum Beispiel die Herzfrequenz, also der Pulsschlag: Die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit beeinflussen unsere Herzfrequenz. Wenn die Umgebungstemperatur und die Luftfeuchtigkeit steigen, wird auch die Herzfrequenz bei sportlicher Aktivität nach und nach ansteigen, sogar dann, wenn die Intensität des ausgeübten Sportes gleich bleibt. Jeder weiß, dass 20 Minuten 50 Watt auf dem Fahrradergometer bei 20° C leichter fällt als die gleiche Leistung bei 30° C. Dies hängt mit der Thermoregulation und dem Flüssigkeitshaushalt zusammen. Wir produzieren durch Bewegung eine Menge Energie in Form von Wärme. Diese Wärme muss abgegeben werden, normalerweise durch Schwitzen. Eine hohe Luftfeuchtigkeit verringert die Effektivität des Schwitzens, was dazu führt, dass die Körpertemperatur ansteigt, und damit auch die Herzfrequenz. Sogar wenn die Luftfeuchtigkeit niedrig ist, wird die Herzfrequenz erhöht sein, da das Herz stärker arbeiten muss, um den Körper zu kühlen. Es ist nicht unnormal, dass die Herzfrequenz unter diesen Bedingungen um bis zu 5 bis 10 Schläge höher als sonst ist.

Kreislaufbelastung durch Sauna
Ein gutes Modell zur Kreislaufbelastung durch Hitze ist auch ein Saunabesuch. Wir haben bei uns in der Rehaklinik eine Saunalandschaft und müssen oft entscheiden, welchen Herzpatienten wir die Benutzung erlauben und wem besser nicht. Tatsächlich stellt ein Saunabesuch eine nicht unerhebliche Kreislaufbelastung dar. Bei einem Saunabesuch mit dem empfohlenen üblichen Badauflauf und einer Saunatemperatur von 80 bis 90 °C steigt das Herzminutenvolumen auf 10 bis 12 Liter Blut je Minute bei einem Puls von 120 bis 130 Schlägen an. Und das in Ruhe. Ein Saunabesuch entspricht in etwa einer Dauerbelastung von 50 bis 75 Watt. Herzpatienten sollten Extreme meiden, eher die Biosauna wählen und sich allmählich abkühlen.

Weniger Blutdrucktabletten im Sommer?
Und der Blutdruck? Tatsächlich wissen wir schon lange, dass die Südeuropäer für eine gleich gute Blutdruckeinstellung weniger Medikamente benötigen als wir im Norden. Wärme führt zu einer Erweiterung der Blutgefäße und damit potentiell zu einer Senkung des Blutdrucks. Die Wirkung von Blutdrucksenkern kann also bei hohen Außentemperaturen verstärkt sein. Unter bestimmten Umständen, z. B. bei längeren Hitzeperioden oder einem Aufenthalt in den Tropen, kann es dann durchaus richtig sein, wegen der Hitze weniger blutdrucksenkende Medikamente einzunehmen bzw. die Dosis einzelner Medikamente zu reduzieren, wenn man feststellt, dass der systolische Blutdruck auf oder unter 110 mmHg absinkt. Dies gilt speziell für die Diuretika, also die Sorte Blutdruckmedikamente, die über Flüssigkeitsentzug (vermehrter Harndrang) ihre Wirkung entfalten. Anders sieht es allerdings aus, wenn sich die Hitze nur für wenige Tage einstellt, wie es in unseren Breiten meist der Fall ist. Dann ist eine Dosisreduktion im Allgemeinen nicht sinnvoll, da sonst der Blutdruck beim nächsten Temperaturrückgang schnell über die ursprünglichen Werte hinaus ansteigen kann.
Es ist aber sicher richtig, auch in einer nur kurzen Hitzeperiode den Blutdruck häufiger zu kontrollieren und bei systolischen Blutdruckwerten von oder unter 110 mmHg, die mit Schlappheit oder Schwindel einhergehen, die Dosis der Medikamente zu reduzieren.

Empfehlungen der Deutschen Herzstiftung
Zusammenfassend habe ich bei der Deutschen Herzstiftung hilfreiche Empfehlungen gefunden, wie sich Menschen mit einer Herzerkrankung bei Hitze im Sommer verhalten sollen (www.herzstiftung.de/Hitze-Herz.php). Sinngemäß heißt es dort, dass Herzpatienten, die im Sommer unter Hitze leiden, ihren Kreislauf oft schon mit ein paar einfachen Maßnahmen deutlich entlasten können. Hilfreich ist vor allem die simple Empfehlung, ausreichend zu trinken. Beim Schwitzen können schnell einige Liter Flüssigkeit und mit ihr Kochsalz und die Elektrolyte Kalium und Magnesium verloren gehen. Eingeschränkt gilt die Empfehlung mehr zu trinken auch für Menschen, die wegen einer Herzschwäche normalerweise nicht so viel Flüssigkeit aufnehmen dürfen. Bei Unklarheiten über die korrekte Menge sollte mit dem behandelnden Arzt Rücksprache gehalten werden.

Bier oder Fruchtsäfte?
Erfrischungsgetränke sollten nicht zu kalt getrunken werden, da dies bei manchen Menschen die körpereigene Wärmeproduktion anregen kann. Bei der Getränkewahl sollte man wissen, dass alkoholische Getränke eine Zusatzbelastung für den Kreislauf sein können.
Denn Alkohol kann die Flüssigkeitsausscheidung der Nieren erhöhen und auf diese Weise die Austrocknung des Körpers vorantreiben. Deutlich besser geeignet sind z. B. leckere Fruchtsäfte, die sich mit Mineralwasser verdünnen lassen. Auch Gemüsebrühen können empfehlenswert sein, um den Kochsalzverlust bei unangenehmer Hitze und starkem Schwitzen auszugleichen. Dieser Rat gilt allerdings nicht für Menschen, die einen schwer einstellbaren Blutdruck haben und in diesem Zusammenhang eine salzarme Ernährung bevorzugen müssen.

Muss ich mein Sportprogramm anpassen?
An heißen Tagen verlegt man das Sportprogramm besser in kühlere Parkanlagen oder Waldabschnitte, wo sich z. B. schöne Spaziergänge oder Walking-Einheiten anbieten. Auch Fahrradtouren, bei denen der Fahrtwind für Kühlung sorgt, sind bei Hitze zu empfehlen.
Auch im Sommer sollte man nicht auf sportliche Aktivitäten verzichten, die zu den wichtigsten Bausteinen eines gesundheitsfördernden Lebensstils gehören. Allerdings ist es im Hochsommer mit extremer Hitze empfehlenswert, höhere Belastungen auf die kühleren Morgenstunden oder auf den späten Abend zu verschieben, da die pralle Mittagssonne schnell zu einer Überwärmung des Körpers führen kann.
Trotzdem sollten wir uns den Sommer nicht vermiesen lassen. Der „Wohlfühleffekt“ nützt uns und spielt eine gute Rolle. Beispielsweise wird während Schönwetterperioden der subjektive Gesundungseffekt („..ob es was gebracht hat“) einer Rehabilitationsmaßnahme stets besser eingeschätzt als bei schlechtem Wetter. Wen wundert‘s? Wir sehen das aus den Patientenbeurteilungen, die wir laufend erheben. Auch die Tatsache dass es „Sommerlöcher“ bei der Belegung von Krankenhausbetten gibt, hängt nicht nur damit zusammen, dass sich im Sommer weniger Menschen operieren lassen.

Und im Winter?
Nun wird es ja wieder kühler, Herbst und Winter stehen vor der Tür. Auch hierzu gibt es Daten. Es gibt ein gemeinsames wissenschaftliches Projekt mit dem deutschen Wetterdienst und der Universität Bochum. Dabei wurde der Einfluss des Klimas auf das Auftreten von Bluthochdruck-Notfällen untersucht. Ein Zusammenhang zwischen plötzlichen Temperaturabkühlungen und der Häufigkeit von Blutdruckentgleisungen konnte gefunden werden. An Tagen, in deren Vorfeld sich die Temperatur abkühlte, kamen deutlich mehr Blutdruckentgleisungen vor als an Tagen, denen eine Wettererwärmung voraus gegangen war.

Gesunder Menschenverstand
Also: wie wir es auch anstellen, ob Temperatur rauf oder Temperatur runter; beides kann sich auf unsere Gesundheit auswirken. Wir sollten daher die Dinge nehmen wie sie sind und nicht den Kopf in den Sand stecken. Wahrscheinlich sind wir mit der guten Schleswig-Holsteinischen Regel: „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur unpassende Kleidung“ durchaus gut beraten, wenn man sich zu dem Wort „Kleidung“ sinngemäß noch das Wort „Verhalten“ dazu denkt.

Dr. med. Friedrich Schroeder
Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie / Nephrologie

  1. Vorsitzender LAG SH